Weinvergleichstest Teil 2: Drei Spätburgunder von Weingut Kreuzberg, Ahr
Es wird Zeit für den nächsten Weinvergleichstest. Diesmal möchten wir drei verschiedene Weine ein und desselben Weinguts vorstellen, die aus derselben Rebe, nämlich der Spätburgunder, gekeltert sind. Eins darf man vorwegnehmen: Es ist schon erstaunlich, wie variantenreich Spätburgunderweine von der Ahr, der nördlichsten deutschen Anbauregion für Rotwein, sein können.
Vorgeschichte
Dieser Test hat eine nette Vorgeschichte, ohne die es vermutlich nie zu diesem Blog gekommen wäre und die deshalb hier erwähnt sein soll. Die Weine des Weinguts Kreuzberg sind hoch dekoriert und haben viele Liebhaber. Manche von ihnen lassen sich ihre Weinkeller regelmäßig mit Kreuzberg-Weinen auffüllen, wie z.B. ein nettes, mit dem Autor befreundetes Ehepaar aus dessen Heimatstadt Hannover. Da beide auch regelmäßige Leser von mankannsessen.de sind, ließen sie es sich nicht nehmen, bei ihrer jüngsten Bestellung den Gutsleiter in dritter Generation, Ludwig Kreuzberg, auf unseren Blog aufmerksam zu machen. Offenbar hat die Site auch ihm gefallen, denn er bot uns spontan an, ein Verkostungspaket zu schicken, was wir natürlich nicht abgelehnt haben. Das Ergebnis ist hier nachzulesen.
Die Testkandidaten
Die Spätburgunder (frz. Pinot Noir, ital. Pinot Nero) ist eine anspruchsvolle Rebsorte und in kühleren Weinbauregionen weit verbreitet. Dazu gehört neben der französischen Bourgogne (Burgund) auch Deutschland und insbesondere das Ahrtal. Die Spätburgunder bringt in guten Lagen und mit ausgeklügelten Kellereiverfahren große Rotweine hervor. Der bekannteste ist vielleicht der Chambertin, der Lieblingswein Napoleons, von dem er stets, auch auf seinen Feldzügen, immer mehrere Kisten mit sich führte. Die Geschichte lehrt uns, dass er ihn auf Anraten seines Leibarztes täglich zu sich nahm, allerdings mit Wasser verdünnt (sic!). Mit Sicherheit jammerschade, auch wenn es mir bisher nie vergönnt war, einen zu kosten - eine Flasche Chambertin kostet im Schnitt 30 Euro.
Die Spätburgunder ist erstaunlich wandlungsfähig, je nach Keltermethode entsteht aus ihr ein filigraner Blanc de noirs (Hauptbestandteil der meisten Champagner) oder seltener auch eine komplexe Cuvée. Die Cru-Weine aus der Bourgogne dagegen sind, ganz im Gegensatz zu sonstigen französischen Crus wie Bordeaux oder Châteauneuf-du-Pape, reinsortige Weine, ebenso die meisten deutschen Spätburgunder. Das uns freundlicherweise zur Verfügung gestellte Testpaket enthielt von allen drei Spielarten jeweils ein Testexemplar.
Die Ahr und das Weingut Kreuzberg
Ein großer Teil der Weinberge des Weinguts Kreuzberg sind Steil- und Steilstlagen des Ahrtals, die alle einen mehr oder weniger hohen Anteil an devonischem Schiefergestein aufweisen, was den Weinen die Ahr-typische mineralische Note gibt. In der Tat war dies die erste Verkostungsnotiz, als wir die Nase ins erste Glas gesteckt hatten.
Im Weinberg pflegt man nachhaltige, ökologische Verfahren mit Naturdüngung, starkem Rückschnitt und Ertragsreduktion. Im Weinkeller kommt für zarte Aromen sorgender biologischer Säureabbau zum Einsatz. Alle trockenen Weine werden bis zu 10 Monate in teilweise 70 Jahren alten Fuderfässern (1000l-Fässer) bzw. Barriques ausgebaut. Da mag es nicht überraschen, dass auch Kreuzberg große Gewächse (dt. für "grand cru") in der Chambertin-Preisklasse im Angebot hat. Die meisten Weine sind aber glücklicherweise erschwinglicher. Uns wurde zugesichert, dass die getesteten Weine alle unter 10 Euro kosten.
2008 Blauer Spätburgunder Weißherbst trocken
Weißherbst ist normalerweise die deutsche Variante von Rosé. Von daher ist die helle Farbe dieses Weines - blassgelb mit zartem, kaum wahrnehmbarem Roséton - zunächst verblüffend. In der Angebotsliste des Weinguts ist dieser Weißherbst dann auch korrekt als Blanc de noirs ausgewiesen. Steckt man die Nase ins Probierglas, erlebt man zartfruchtige, Ahr-typisch mineralische Aromen, die sich nach dem ersten Schluck im Mund aufs Angenehmste fortsetzen. Dieses Geschmackserlebnis wird abgerundet durch eine filigrane Säure, die ein sanftes Kribbeln am Gaumen hinterlässt.
Kurz gesagt: Ein eleganter, perfekt ausbalancierter und in seinem Typus exklusiver Wein. Wir genossen ihn zu einem Linsensalat mit Schafskäse (demnächst mehr in diesem Theater).
2007 Spätburgunder trocken
Als erstes fällt seine rostrote Farbe auf, erstaunlich für sein junges Alter. Das Bouquet ist blumig, es erinnert an frische rote Beeren und Pflaumenmus. Der Charakter des Weins ist mit mittelkräftig gut beschrieben, am Gaumen ist er weich und rund, mit sehr dezenten Anklängen an Holz und einer schönen Balance von Säure und Restsüße. Sensibleren Genießern steigt er etwas zu Kopf.
Einziger Kritikpunkt: Im Bouquet und Geschmack ist trotz vorheriger Belüftung ein leichter Bitterton wahrnehmbar, der sich allerdings im Hintergrund hält. Der 2007er Jahrgang sollte deshalb evtl. noch ein Jahr liegen. Dieser Wein war unser Begleiter zum hier bereits bekannten Kabeljau mit Kartoffelkruste, Rotweinschalotten und Spinat.
2006 Cuvée noir trocken
Die Cuvée - das Weingut verrät nur, dass es drei Rebsorten sind, wir schielen mal auf die übrige Produktpalette und tippen auf einen Löwenanteil von Spätburgunder und kleine Beigaben von Dornfelder für die Farbe und evtl. Portugieser für die Säurestruktur - beeindruckt schon beim Einschenken mit dunkler rubinroter Farbe. Dazu gesellt sich ein komplexes, würziges Bouquet, das mit seinen Anklängen an reife Beerenfrüchte entfernt an einen leichten Côtes-du-Rhône erinnert.
Am Gaumen dann ein angenehmes Zusammenspiel von Frucht und dezenten Holznoten. Insgesamt ein sehr runder, harmonischer und feingliedriger Wein mit mineralischen Noten und gut eingebundenen Tanninen. Zum Finale bekommt man einen lang anhaltenden, sanften Nachklang, der ein angenehmes, leicht pelziges Gefühl im Mund hinterlässt. Ein perfekter Partner zu Rind- und Lammgerichten, in diesem Fall ein Lammfrikassée (auch dazu bald mehr).
Bezugsquellen
Das Weingut Kreuzberg gehört zu den Selbstvermarktern, weshalb die hier vorgestellten Weine alle beim Weingut selbst zu bestellen sind. Mittlerweile bekommt man sie auch bei wirwinzer.de.
Fazit
Die Referenzen und Auszeichnungen, die die Familie Kreuzberg für ihre Weine erhalten hat, sprechen eine deutliche Sprache: Dies war ein Weintest auf hohem Niveau. Der unterschiedliche Charakter der Testweine lässt es wenig sinnvoll erscheinen, eine Rangfolge festzulegen, das hieße Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Jeder der drei Weine ist ein erstklassiges Produkt deutscher Winzerkunst. Ich möchte dennoch soweit gehen zu sagen, dass die Cuvée noir uns im Vergleich mit den anderen am ausgewogensten und filigransten erschien. Am meisten überrascht hat uns der Weißherbst, oder besser Blanc de noirs mit seiner für deutsche Weißherbste herausragenden Feinheit und Eleganz.
Nachtrag
Mittlerweile hat mir Herr Kreuzberg verraten, dass in seiner Cuvée Noir überhaupt kein Spätburgunder ist, sondern "nur" Portugieser und Dornfelder und im 2018er auch Regent. Teufel aber auch, wie hinterhältig! Immerhin, hat er mich getröstet, befinden wir uns in guter Gesellschaft, geraten hat das bisher niemand. Aber was soll's, geschmeckt hat er so oder so ...
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