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Wein aus der Wüste: Artero Muñoz la Mancha Crianza 2006

von weinnase
22. Oktober 2009

Artero Crianza 2006
Die spanische Weinregion La Mancha ist in Deutschland immer noch kaum bekannt. Und das, obwohl sie mit mehr als 500.000 Hektar Rebflächen das größte Weingebiet der Welt ist und die Hälfte der spanischen Weinproduktion liefert. Ebenso wenig bekannt ist, dass der typische spanische Wein eigentlich der Weißwein ist. 450.000 ha der Mancha sind mit der Weißwein-Rebe Airén bepflanzt, das entspricht ziemlich genau 50% der Rebfläche Frankreichs. Und das, obwohl nach dem Beitritt Spaniens zur EU ein Drittel der Rebflächen der Mancha stillgelegt wurden. Leider liefert die Airén nur äußerst durchschnittliche Weine, die allenfalls für die Brandy-Destillation taugen. Das Klima der Mancha (span. für "Schmutzfleck") ist extrem, im Winter sinken die Temperaturen auf -15°C, im Sommer erreichen sie bis zu 45°C. Dabei ist es fast wüstenhaft trocken. Trotz dieser unwirtlichen Bedingungen entstehen in der Mancha manche hervorragenden Weine, diese sind dann allerdings meist Rotweine. Führend ist dabei die edelste spanische Rotweinrebe Tempranillo, hier Cencibel genannt. Einer davon ist der Artero Crianza 2006 von den Bodegas Muñoz. So viel vorweg: So viel Wein für so wenig Geld bekommt man nicht alle Tage.

Das spanische Crianza bedeutet wörtlich „Erziehung" (= Ausbau) und steht laut spanischer Weinbauverordnung für einen Wein, der eine bestimmte Zeit in Eichenfass und Flasche reifte, bevor er in den Handel kommen darf. Crianzas müssen mindestens 24 Monate gereift sein, davon sechs Monate im Eichenfass und den Rest in der Flasche. Sie kommen meist in einer Preisklasse zwischen 5 und 10 Euro auf den Markt. Spanien ist meines Wissens das einzige Land, das beim Wein Reifezeiten im Holzfass vorschreibt. Dies und das gerade bei Mancha-Weinen hervorragende Preis-Leistungsverhältnis dürften ursächlich dafür sein, warum spanische Crianzas bei Liebhabern reifer, gehaltvoller Rotweine so hoch im Kurs stehen.

Verkostung

Der Artero ist eine eher seltene Cuvée aus Tempranillo und Merlot. Das Mischverhältnis liegt laut Internet bei 50:50. Da der Winzer Señor Bienvenido Muñoz schon in den Siebzigern auf den Rotwein-Trend gesetzt hatte, sind die Rebstöcke schon vergleichsweise alt, was den Wein sehr ausdrucksvoll macht. Er hat eine kräftige, rot-violette Farbe, das Bouquet ist würzig mit Anklängen an Kräuter und Bittermandel. Wer aufgrund des hohen Merlot-Anteils einen eher sanften Wein erwartet, wird erstaunt sein: Der Geschmack ist kräftig und intensiv mit dominierenden Röstaromen. Die vom Ausbau in kleinen Eichenfässern stammenden Holznoten sind präsent, wie es sich für einen Crianza gehört, aber bestens eingebunden. Auch die Tannine sind durchaus spürbar, man sollte dem Artero deshalb vor dem Genuss ein Stündchen im Dekanter spendieren. Der Alkoholgehalt ist mit 14 Vol.-% nicht ohne, steht ihm aber gut.

Beschaffung

Der Artero war bei Jacques, wo ich in probiert habe, bis vor kurzem für Stammkunden als Aktionswein für 4,95 Euro erhältlich, der reguläre Preis im Standardsortiment liegt einen Euro höher. Für einen Wein im Rioja-Stil ist das aber immer noch ohne Übertreibung ein sensationelles Preis-Leistungs-Verhältnis.

Dazu passt ...

Erwartungsgemäß verträgt sich der Artero mit allen würzigen, mediterranen Gerichten der kräftigeren Art. Besonders gut passt er, wenn Oliven und reichlich Knoblauch dabei sind. Das überrascht nicht, da dies neben Wein so ziemlich die einzigen Agrarprodukte sind, die in der unwirtlichen Mancha gedeihen. Bei mir war er der Begleiter zu den "fremdgekochten", von Lamiacucina kürzlich vorgestellten Spaghetti con pesto alla trapanese - genial.

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