Wein und Wahrheit die Zweite: Bitte keinen heißen Rotwein!
Manfred Klimek hat wieder zugeschlagen! Zweimal dieselbe Quelle zu verwenden ist ja eigentlich langweilig, aber der letzte Artikel ist hier so gut angekommen - sogar mit richtig kontroverser Diskussion, was will man als Blogger mehr - dass ich mich noch ein zweites Mal traue, Klimek zu zitieren. Er hat sich wieder ein super Thema ausgesucht: Die Trinktemperatur von Wein.
Ähnlich wie beim Dekantieren gilt auch für das Temperieren: Wein-Neulingen erscheint es oft als überflüssiger Kult oder Wichtigtuerei, wenn der Sommerlier oder der private Gastgeber mit dem Weinthermometer hantiert. Auch hier geht probieren über studieren: Man muss einfach mal ausprobiert haben, wie sich ein Wein geschmacklich verändert, wenn man ihn in Zwei-Grad-Schritten erwärmt und immer wieder verkostet. Genau deshalb hat Klimeks Beitrag von dieser Woche mich gleich angesprochen. Wie ich auch bevorzugt er als Trinktemperatur für Rotwein 16-18 °C. Die Regel, dass Rotwein bei Zimmertemperatur getrunken werden soll, stammt nämlich aus einer Zeit, als es noch keine KfW-Dämmung gab und die Zimmer einfach nicht wärmer waren. Leider passiert es einem gerade dieser Tage auch in der gehobenen Gastronomie des öfteren, dass man Rotwein vorgesetzt bekommt, der schon mal 25 °C oder mehr hat. Solchen Wein lasse ich regelmäßig zurück gehen, denn er hat geschmacklich mit dem, was der Winzer ursprünglich auf Flaschen gefüllt hat, meist nicht mehr viel zu tun, zumindest gilt das für aufwändigere Kreszenzen. Das ist schon deswegen nicht akzeptabel, weil man in denselben Etablissements ganz sicher keinen kalten Kaffee oder warmes Bier vorgesetzt bekäme. Nur beim Wein meint man, sich ganz offensichtlichen Sinneseindrücken verschließen und an einer absurden Bauernregel festhalten zu müssen. Es soll ja sogar Leute geben, die ihre Bordeauxflasche vor dem Öffnen auf den Heizkörper (sic!) legen, um sie zu temperieren. Das geht für mich in genau einem Fall: Wenn der Gastgeber den Wein direkt aus dem 8 °C kalten Weinkeller geholt hat. Das wäre dann aber schon die nächste Gastgebersünde, denn ich würde es nie wagen, meinen Gästen einen Wein anzubieten, den ich nicht vor ihrem Eintreffen geöffnet und gekostet habe. Ein südfranzösischer oder italienischer Landwein verträgt natürlich schon auch höhere Temperaturen, schließlich dürfte in den dortigen Bistros und Trattorias in den seltensten Fällen ein Weintemperierschrank stehen. Aber Genuss ist dann doch was anderes. Die Wahrheit ist auch in diesem Fall wieder etwas komplizierter: Es kommt drauf an. Weine aus dem Beaujolais z.B. sind dafür bekannt, dass sie bei ca. 14 °C am besten schmecken. Eine alte spanische Reserva dagegen darf gern 20 °C haben - mehr aber auch nicht. Aus diesem Grund stehen bei mir auch Rotweine im Sommer im Flaschenkühler. Klimek wäre nicht er selbst, wenn er nicht auch hier nachlegen würde, in dem er den Weißweintrinkern auch noch eins mitgibt. Genauer den "Eiswein-Fans". Dabei meint Eiswein hier nicht das hochedle Produkt deutscher Weinbaukunst, welches aus gefrorenen Trockenbeeren gewonnen wird, sondern die Unsitte, Weißwein nahe dem Gefrierpunkt zu servieren. Das macht ihn genau so tot wie umgekehrt die Wärme den Rotwein. Der einzige Wein, bei dem ich mir das gefallen lasse, ist Winzersekt. Der schmeckt in der Tat bei 5-8 °C am besten und verliert darüber deutlich. Leider bekommt man viel zu oft Sekt angeboten, der 10 °C oder mehr hat, gerade bei großen Sektempfängen, wo aus organisatorischen Gründen vorgearbeitet, sprich -eingeschenkt wird. Da trinke ich dann lieber ein Bier. Wer jetzt mit den Augen rollt: Ausprobieren! Ihr wisst nicht, was ihr verpasst. Die Mühe lohnt sich! Ich bin schon gespannt, welche Banausen nächste Woche von Manfred Klimek verhauen werden.
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