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Einem geschenkten Gaul ins Maul geguckt: Maset del Lleó Merlot Foc Reserve 2004

von weinnase
10. November 2010

Maset del Lleó Merlot Foc Reserve 2004
Geschenkte Weine zu öffnen bereitet mir immer besonderes Vergnügen, da man nie genau weiß, was einen erwartet. Aus diesem Grund absolviere ich diese Übung prinzipiell im kleinen Kreis, man kann ja nie wissen. Vor allem, wenn man den Schenker kaum kennt oder sich an ihn kaum noch erinnert. Letzteres ist bei dieser Flasche zum Glück nicht der Fall, ich bekam sie von Freunden, die meine Leidenschaft für spanische Rotweine gut kennen, von daher war dieser Test fast ohne Risiko.

Die Rebsorte Merlot

Der Maset del Lleó Merlot Foc ist, wie der Name schon sagt, gekeltert aus Merlot, einer international verbreiteten Rotwein-Rebsorte. Ich kannte sie bisher vor allem als Juniorpartner der Edelsorten Cabernet Sauvignon (im Bordeaux) oder Tempranillo (in Spanien) oder reinsortig in franzözischen oder italienischen Landweinen. Dass sie auf der iberischen Halbinsel auch häufiger reinsortig ausgebaut wird und dabei zu erstaunlichen Leistungen fähig ist, habe ich erst bei der Recherche zu diesem Artikel gelernt. Eigentlich kein Wunder, hat doch die Merlot im reinsortigen Ausbau bereits höchste Weihen erworben: Der wohl berühmteste und teuerste (fast immer) reinsortige Merlot-Wein ist Château Pétrus aus dem französischen Pomerol.

Das Anbaugebiet Penedès

Das Anbaugebiet des Maset del Lleó Merlot Foc ist Penedès und liegt, wie das führende Doppel-L schon andeutet, in Katalonien. Das Etikett ist denn auch zweisprachig spanisch/katalanisch. Daran liegt es wohl auch, dass im Namen "Reserve" und nicht das bei Spaniern eigentlich zu erwartende "Reserva" steht. Der Namensbestandteil Foc stammt übrigens auch aus dem Katalanischen und bedeutet Feuer. Dazu darf man sagen: Nomen est omen, mehr dazu gleich.

Ich kann an dieser Stelle nicht anders und muss, nachdem mir das bei spanischen Weinen in kurzer Zeit zum zweiten Mal unterkommt, den in Spanien offenbar grassierenden Separatismus geißeln: Zwar kann ich es respektieren, dass man dort auf seiner kulturellen und sprachlichen Eigenständigkeit beharrt. Wenn man jedoch gleichzeitig seinen Wein international vermarktet, sollte man sich wenigstens überlegen, einen englischen Text auf das Etikett zu drucken. Die Katalanisch verstehende Community außerhalb Kataloniens dürfte sehr überschaubar sein, und mein Spanisch geht leider über ein paar Dutzend Begriffe nicht hinaus.

Die Weinverkostung

Zurück zum Testobjekt: Im Glas schimmert der Wein in einem interessanten Rot-Violett, an den Rändern wirkt es beinahe wie das "Magenta" eines bekannten Telekommunikationskonzerns. Keine Spur von Rostrot, obwohl er mit seinen sechs Jahren nicht mehr der Jüngste ist. Die Nase ist typisch Merlot, sehr dezente Frucht, mit etwas Fantasie wittert man Süßkirschen und Pflaumen. Dazu leichte Röst- und Bitternoten. Das setzt sich am Gaumen angenehm fort, im Verkostungsprotokoll stehen Begriffe wie fruchtig, Kirschkonfitüre, etwas Karamell, füllt den Mund, hinterlässt angenehm pelziges Gefühl, eher leicht, dafür langer Nachklang.

Der Charakter des Maset del Lleó Merlot Foc ist betont trocken, der Wein scheint kaum Restsüße zu enthalten. Dafür verfügt er über ausgeprägte, aber gut eingebundene Tannine. Ich empfehle deshalb unbedingt, den Wein einen Tag vorher zu öffnen und/oder zu dekantieren, auch wegen des Depots am Flaschenboden, was bekanntlich ein Qualitätsmerkmal ist. Am ersten Tag war der Wein noch etwas unzugänglich, ich habe mir deshalb extra einen Teil für den nächsten Tag aufgehoben, an dem er dann deutlich besser schmeckte. Die Beschreibung hier basiert auf der Verkostung vom zweiten Tag. Man kann ihn natürlich auch noch eine Weile liegen lassen, wenn man unbedingt will ...

Fazit

Der Gesamteindruck, den der Maset del Lleó Merlot Foc hinterlässt, ist der eines sehr eleganten, komplexen und tanninbetonten Weines, vermutlich kurz vor seinem Reifehöhepunkt, dabei nicht zu schwer. Die Liebhaber filigraner Roter kommen hier voll auf ihre Kosten.

Bezug

An dieser Stelle muss ich mich beim Schenker des Weines entschuldigen, normalerweise ist es schlechter Stil, die Preise von Geschenken zu recherchieren. Allerdings empfände ich es als ungerecht, anderen seinen Genuss vorzuenthalten, daher erlaube ich mir hier eine Ausnahme und nenne die Bezugsquelle. Mittlerweile ist der 2016er Jahrgang im Handel (Stand April 2021). Zu beziehen ist er nach meiner Recherche ausschließlich direkt über den Online-Shop des Weinguts Maset del Lleó. Dort geht man übrigens mit der Zeit und hat nicht nur eine sehr informative, viersprachige (na also, geht doch!) Web-Präsenz, sondern auch ein Facebook-Profil.

P.S.

Falls sich jemand fragt, was das auf dem Foto für ein Glas ist: Auch das ist ein Geschenk von guten Freunden, es ist das ideale Weinprobierglas, um das Bouquet eines Rotweins zur vollen Entfaltung zu bringen. Das funktioniert so: Man füllt den dicken, hohlen Stiel des Glases bis zum Kelch, legt das Glas auf die Seite (es läuft nichts heraus!) und rollt es auf der Unterlage hin und her, damit die gesamte Glaswand mit Wein benetzt wird. Dann steckt man seinen Riechkolben hinein und nimmt einen kräftigen Atemzug. Spätestens jetzt hat man eine ziemlich gute Ahnung davon, wen man vor sich hat.

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