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"Le Beaujolais nouveau est arrivé!" - oder darf's lieber ein Junger Österreicher sein?

von weinnase
22. November 2009

Beaujolaus nouveau und Junger Österreicher
Der dritte Donnerstag im November ist bei vielen Weinfans ein Kultdatum: "Le Beaujolais nouveau est arrivé!" - Der neue Beaujolais ist da! Dies hat eine lange Tradition. Der Verkauf jungen Weins des aktuellen Jahrgangs ist nach dem französischen Weingesetz eigentlich nicht erlaubt. Im November 1953 jedoch erstritten sich die Winzer des Beaujolais eine Ausnahmegenehmigung, ihren neuen bzw. ersten ("nouveau" bzw. "primeur") Wein ab dem dritten Donnerstag im November desselben Jahres verkaufen zu dürfen.

Seitdem flippt die gesamte Wein trinkende Welt regelmäßig Mitte November aus und stürmt die Weinregale. Angeblich werden jedes Jahr 40 Millionen Flaschen Beaujolaus nouveau produziert, von denen über drei Viertel nach Nordamerika, Japan, Deutschland und Großbritannien exportiert werden. Wie so oft ist ein Kult der Qualität eines Produkts nicht unbedingt zuträglich. Beaujolais hat in vielen Kreisen das Image eines Billigweins, und das teilweise zu Recht. Die Gamay-Traube, aus der er gekeltert wird, tritt im Qualitätsweinbau ansonsten nicht in Erscheinung.

Natürlich gibt es auch anspruchsvolle, reifere Beaujolais, im Vergleich zu ihren jungen Ablegern sind sie jedoch kommerziell wie kulinarisch vergleichsweise unbedeutend. Für einen Beaujolais nouveau vernünftiger Qualität muss man fast so viel ausgeben wie für einen ordentlichen Burgunder. Anlass genug für einen Test, ob das Geld gut angelegt ist. Wer Beaujolais partout nicht mag, für den gibt es mittlerweile zum Glück auch andere Primeur-Weine. Neben einem Beaujolais nouveau habe ich mir deshalb einen jungen Kremser aus Österreich genauer angeschaut und natürlich probiert.

Es wird allgemein empfohlen, Beaujolais gekühlt zu trinken, bei 12 bis 14 °C. Man könnte jetzt unterstellen, das tut man, damit die minderwertige Qualität nicht so auffällt. Für den Château de Chanzé primeur allerdings trifft das keineswegs zu. Die Trauben für diesen Wein stammen von über 40 Jahre alten Rebstöcken. Der Wein ist deshalb zwar sehr fruchtig und frisch, aber mit konzentrierten Aromen ausgestattet. Schon im Glas zeigt er ein kräftiges Rotviolett, das Bouquet ist duftig und erinnert an Preiselbeeren und entfernt irgendwie an saure Drops. Er trinkt sich trotz nur 0,8 g Restzucker pro Liter sehr süffig, und mit unter 12 Vol.-% Alkohol gehört er zu der leicht verträglichen Sorte. Das ist auch gut so, denn man findet schnell Gefallen an diesem Wein. Insgesamt ein typischer Beaujolais nouveau mit dem klassischen Geschmack nach reifen Bananen im "Abgang", also im Nachgeschmack. Hab ich auch erst nicht geglaubt, muss man einfach mal probiert haben.

Der Château de Chanzé hat mir gut gefallen, ich hatte lange keinen Beaujolais nouveau getrunken. Ein Wein für jeden Tag ist er nicht, jedenfalls nicht für mich. Bei Rotweinen bevorzuge ich normalerweise die Weine ab mittelkräftig aufwärts. Aber einmal im Jahr gönne ich ihn mir gern. Dabei muss ich fairerweise sagen, dass ich, was diesen Wein angeht, eigentlich befangen bin, denn über den Beaujolais nouveau bin ich vor über 25 Jahren zum französischen Rotwein gekommen. Aus meinem damaligen sozialen Umfeld kannte ich bis dahin nur pfälzische Schoppenweine minderer Qualität, meist Weißherbst oder Weißwein, die zudem regelmäßig nicht besonders gut temperiert, sprich mit Zimmertemperatur auf den Tisch kamen. Da blieb ich dann doch lieber beim Bier. Beim Besuch in einem Bistro im November '82 ließ ich mich dann spontan von einer Tischwerbung "Le Beaujolais nouveau est arrivé!" verleiten. Für mich damals eine Offenbarung, mit weit reichenden Folgen ...

Beschaffung

Mitte November wird einem Beaujolais überall fast nachgeworfen. Allerdings sind die guten Qualitäten schnell vergriffen, in meinem Jacques-Stammdepot z.B. war einer der beiden Beaujolais nouveau, die Village-Version, schon am Erscheinungstag ausverkauft (!). Und das, obwohl Jacques dafür 6,90 Euro verlangt. Die "bescheidenere" Variante, der Château de Chanzé, ist schon für 4,95 Euro erhältlich.

Passt zu ...

Ein Beaujolais nouveau ist kein geeigneter Begleiter zu einem großen Essen. Bei mir steht gerade eine Dose Cashew-Nüsse auf dem Tisch, die passt sehr gut dazu. Ein paar Gouda-Würfel könnte ich mir auch noch gut vorstellen.

2009 Krems - Junger Österreicher

Die Primeur-Tradition wird - leider? - seit einiger Zeit durch die Weine der Neuen Welt etwas verwässert. Wer unbedingt Weine des neuen Jahrgangs probieren will, wird heutzutage ja schon im Frühsommer mit den neuesten Produkten aus Australien, Südafrika und Chile versorgt, wie man hier auch schon lesen konnte. Überraschungen gibt es trotzdem immer wieder. Der 2009 Krems - Junger Österreicher ist deshalb für mich die eigentliche Entdeckung der diesjährigen Primeur-Saison. Der Wein aus dem Kremstal westlich von Wien ist aus der weitgehend unbekannten Rebsorte Frühroter Veltliner, einer Kreuzung aus Rotem Veltliner und Silvaner, gekeltert. Diese Rebsorte reift sehr früh und liefert - Nomen non est omen in diesem Fall - einen zartfruchtigen Weißwein, sie wird daher vor allem für Jungweine verwendet.

Dieser Wein ist eine kleine Besonderheit, die Anbaufläche beträgt ganze 700 Hektar. Von seinem Charakter her ist der Junge Österreicher eigentlich ein Wein für die sommerliche Terrasse. Aber so lange sollte man ihn wohl nicht liegen lassen, denn laut Hersteller ist er nicht lange haltbar. Der Wein hat eine blasse, grüngelbe Farbe und eine feinfruchtige Nase, die ich "leicht mineralisch" nennen würde. Er hat zwar ausreichend Säure, um taufrisch und prickelnd, fast moussierend zu schmecken, aber auch genügend Restsüße (5,7 g/l), um dabei überaus süffig zu sein, sodass es kein Problem ist, die angebrochene Flasche zügig auszutrinken. Die nur 11 Vol.-% Alkohol helfen dabei, dass man dies mit der entsprechenden Haltung hinbekommt. Der Geschmack ist jugendlich frisch, wie könnte es anders sein, und erstaunlich füllig, mit dezenten Anklängen an grüne Äpfel und Zitrusfrüchte.

Dazu passt ...

Dieser Charakter prädestiniert den jungen Kremser geradezu als Begleiter zu den Seezungenfilets mit Zitronen-Rosmarin-Sauce und Apfel-Lauch-Gemüse. Da wünscht man sich, dass es draußen nicht November, sondern August wäre und man ihn auf der Terrasse genießen könnte. Der Wein ist bei Jacques in der Aktion für 5,50 Euro erhältlich, was man nur als fair bezeichnen kann.

Primeur ist nicht gleich Neuer Wein

Den Primeur (oder Nouveau) aus südlichen Gefilden darf man bitte nicht mit Neuem Wein deutscher Provenienz verwechseln. Neuer Wein, vulgo auch "Federweißer" ist das trübe, süßliche, intensiv nach Hefe schmeckende und zu Kopf steigende Gebräu, welches von deutschen Winzern Ende September unters Volk gebracht wird. Mit Wein im kulinarischen Sinne hat dieses Teufelszeug meiner Meinung nach rein gar nichts zu tun, "vergorener Traubenmost" ist die passendere Bezeichnung. Ich bekomme es, wenn überhaupt, nur mit größeren Mengen Zwiebelkuchen und anschließenden Kopfschmerzen herunter.

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