Weinvergleichstest Teil 5: Österreichische Weine
Österreichische Weine sind im Kommen, kein Zweifel. Ich erinnere mich noch gut an eine Blindverkostung internationaler großer Gewächse, die ein Gourmetmagazin (ich meine, es war Falstaff) vor einiger Zeit durchgeführt hat. Was ich noch genau weiß: Unter den ersten zehn Weinen waren, zur Überraschung aller und zum Entsetzen einiger prominenter Weingüter, vier Österreicher. Ein guter Anlass, sich österreichische Weine einmal genauer anzuschauen. Freundlich unterstützt wurden wir dabei durch Weisbrod & Bath, mittlerweile ein reines Info-Portal ohne Weinshop, der uns die Testkandidaten auswählte und zur Verfügung stellte.
Die Weine stammen alle vom Weingut Winkler-Hermaden in Kapfenstein in der Südsteiermark. Es liegt an den Hängen eines erloschenen Vulkans, ein spezielles Terroir, welches für die dort produzierten Weine offenbar nicht von Nachteil ist. Alle Weine werden in Barriques ausgebaut. Das besondere daran ist, dass die Eichen für diese Barriques ebenfalls an den Hängen des Kapfensteiner Vulkans wachsen - sehr selbstbewusst, gelten doch sonst französische oder amerikanische Barriques im Premium-Weinbau als erste Wahl.
Erste Wahl sind österreichische Weine im internationalen Vergleich jedenfalls schon länger. Leider schlägt sich das auch in einem recht selbstbewussten Marktpreis nieder. Zwei der uns zur Verfügung gestellten Flaschen reißen die 10-Euro-Marke von mankannsessen jedenfalls deutlich. Wir haben sie trotzdem getestet und beschlossen, angesichts der wirklich überragenden Qualität die Annahme nicht zu verweigern. Wer das obige Foto aufmerksam betrachtet, wird feststellen, dass die Flaschen zu diesem Zeitpunkt bereits geleert gewesen sind. Die Kandidaten:
- Grauburgunder Schlosskogel Erste STK Lage, 2006
- Blauer Zweigelt Klassik, 2007
- Olivin 2007
Die verkosteten Jahrgänge sind leider längst nicht mehr im Handel, und Weisbrod & Bath haben den Weinhandel mittlerweile aufgegeben. Die Weine von Winkler-Hermaden sind in Deutschland ein echter Geheimtipp und nur schwer zu bekommen. Eine gute Übersicht der Weine bietet der Weinführer Wein-Plus, einige Bezugsquellen nennt die Wein-Suchmaschine wein.cc.
Grauburgunder Schlosskogel Erste STK Lage, 2006
An diesem Wein überraschte uns zunächst das Alter. Ein genauer Blick auf das Etikett erklärt, warum. "Reserve" steht dort - der Wein wurde, wie alle Weine des Weinguts, behutsam für acht Monate in Barriques aus heimischer Eiche ausgebaut. Das Ergebnis beeindruckt in jeder Hinsicht. Trotz des monumentalen Alkoholgehalts von fast 14% hat dieser Wein so gar nichts von den oftmals öligen, schweren Grauburgundern mitteleuropäischer Herkunft. Vielmehr ist der Grauburgunder Schlosskogel ein rassiger, eleganter Wein mit feinen, komplexen Aromen.
Im Glas schimmert er schwefelgelb, und das Bouquet hat gleich die nächste Überraschung parat: Der erste Eindruck ist rauchig, fast wie geräucherter Schinken. In der Testrunde fiel denn auch das Wort "schinkig". Im Mund entfaltet sich ein feines, leicht exotisches Fruchtaroma und zarte Karamellnoten, die man auch im ausgetrunkenen Glas mit der Nase noch wahrnimmt. Die schöne runde Restsüße (6,7g/l Zucker) passt ebenfalls sehr gut dazu. In anderen Quellen wurden noch Walnuss-, Nougat- und Pfirsicharomen erwähnt, dieser Einschätzung schließt man sich ebenfalls gern an.
Man sollte ihn nicht zu kalt trinken, der Anbieter empfiehlt 12-14°C und attestiert ihm trotz des für Weißweine bereits fortgeschrittenen Alters eine Lagerfähigkeit bis 2013. Insgesamt ein reifer, außergewöhnlicher Wein, der mit seinen 13,50 Euro nicht zu teuer ist. Wir genossen ihn, kongenial zum schönen Bouquet, zu Gambas im Serranomantel und zu Terlaner Schaumweinsuppe.
Blauer Zweigelt Klassik, 2007
Den nächsten Wein, den Blauen Zweigelt Klassik von 2007, hatten wir eigentlich als Übergangswein bis zum Hauptgang unseres Testmenüs geplant, aber das wird ihm nicht gerecht. Der Name lässt keinen anderen Schluss zu, hier handelt es sich um einen reinsortigen Wein aus Österreichs roter Leitrebe. Die Blaue Zweigelt ist aus einer Kreuzung von St. Laurent und Blaufränkisch entstanden und nach ihrem Züchter Friedrich Zweigelt benannt. Außerhalb Österreichs hat sie kaum Bedeutung, dabei produziert sie einen ausdrucksstarken, tanninreichen und damit lagerfähigen Rotwein.
Der Blaue Zweigelt Klassik ist, wie alle Weine des Test-Ensembles, von eher zurückhaltender, gut eingebundener Säure, dabei elegant, fast leicht. In diesem Punkt können wir der Bezeichnung der Website nicht ganz folgen, die ihn als kräftig beschreibt. Der Klassik ist von kräftiger, tief dunkelroter Farbe und würzigem Bouquet. Die dezenten Barriquenoten sind gut eingebunden und harmonieren ausgezeichnet mit der feinen Würze und den dezenten Fruchtaromen nach Weichselkirschen. Wir haben es nicht ausprobiert, aber der Blaue Zweigelt Klassik ist mit Sicherheit ein exzellenter Begleiter zu Weichkäse wie Camembert.
Olivin 2007
Der Olivin ist so etwas wie das Flaggschiff des Weinguts Winkler-Hermaden, Weisbrod & Bath nennt ihn denn auch ihren "wertvollsten Rotwein". Er ist benannt nach dem olivgrünen Vulkangestein, welches am Kapfensteiner Kogel zu finden ist. Die Farbe des Weins leuchtet tief dunkel-violett, und im Bouquet meint man den mineralischen Ton des Gesteins zu ahnen, welches dem Olivin seinen Namen gegeben hat.
Aus derselben Traube gekeltert und gleich alt wie der "Klassik", sind sein Bouquet und Geschmack doch deutlich komplexer. Neben den für die Blaue Zweigelt typischen Weichselkirschen meint man noch einen ganzen Korb weiterer reifer, roter Früchte zu schmecken, vortrefflich kombiniert mit würzigen (die Website spricht von "pfeffrigen") Kräuteraromen und feinen Röstnoten vom Barrique aus Kapfensteiner Eiche. Sie machen den Olivin zu einem herausragenden Wein mit einer bemerkenswerten Komplexität und Würze. Die Tannine sind kräftig und fast noch etwas jung, dem Wein wird vom Lieferanten immerhin eine Lagerfähigkeit bis 2017 bescheinigt. Man sollte ihn deshalb vor dem Trinken dekantieren und ausreichend belüften. Für uns war er der standesgemäße Begleiter zu Rinderfilet Wellington mit Rotweinzwiebeln.
Fazit
Bei diesem Test hatten wir es durchweg mit Repräsentanten des modernen österreichischen Premium-Weinbaus zu tun. Die Qualität der Gewächse von Winkler-Hermaden ist überzeugend, allerdings wird dafür auch ein entsprechender Preis verlangt. Im Gegenzug erhält man wirklich hochkarätige, nicht alltägliche Weine mit einer besonderen Charakteristik, die gerade Liebhaber von Weinen etwas abseits des Mainstream viel Freude machen dürften.
Am meisten beeindruckt hat uns dabei der Grauburgunder Schlosskogel. Er verkörpert eine markante, eigenständige Spielart der durchaus weit verbreiteten Grauburgunderrebe (auch bekannt als Pinot Grigio oder Ruländer) und überzeugt mit seiner charakterstarken Kombination von Frucht, Karamell und dezenten rauchigen Barriquenoten.
An dieser Stelle ist noch hinzuzufügen, dass ich mir erst jetzt, nach Fertigstellung des Textes, die Homepage von Winkler-Hermaden genauer angeschaut habe. Dabei durfte ich feststellen, dass sowohl der Olivin 2007 als auch der Grauburgunder Schlosskogel 2006 Erste STK Lage Reserve bereits hohe und höchste Auszeichnungen erhalten haben, unter anderem 17,5 bzw. 18 von 20 Punkten bei Gault Millau. Ich kenne die Bewertungsskala von Gault Millau für Weine zwar nicht, wenn sie aber ähnlich funktioniert wie bei Restaurants, sind das sensationelle Bewertungen. Liest man die ausführlichen Beschreibungen auf den Seiten des Lieferanten bis ganz unten, findet man diese Info auch dort.
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